Das Bundesarbeitsgericht hat am 12.04.2011 (Az.: 1 AZR 764/09) entschieden, dass bei der Bemessung der Abfindungshöhe in Sozialplänen nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG Altersstufen gebildet werden dürfen, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise schlechtere Chancen haben als jüngere.
Diese Vorschrift ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar und erlaubt es auch, die höchste Abfindung bereits ab Vollendung des 40. Lebensjahres zu gewähren.
In dem zu entscheidenden Fall hat die beklagte Arbeitgeberin sich mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat im Rahmen einer Umstrukturierung des Unternehmens auf einen Sozialplan geeinigt. Die Höhe der vorgesehenen Abfindungen sollte nach der Betriebszugehörigkeit und dem Bruttomonatsgehalt berechnet werden. Die Höhe der Abfindung sollte sich dabei
- bis zum 29. Lebensjahr eines Arbeitnehmers auf 80 %,
- ab dem 30. bis zum 39. Lebensjahr auf 90 % und
- ab dem 40. Lebensjahr auf 100 %
des zu errechnenden Betrags belaufen.
Die Klägerin war im Zeitpunkt der Kündigung 38 Jahre alt. Sie erhielt deshalb 90 % des aus ihrer Betriebszugehörigkeit und ihres Bruttomonatsverdienstes errechneten Abfindungsbetrags. Mit ihrer Klage verlangte sie eine Aufstockung der Leistung auf 100 %. Sie begründete dies damit, dass es keinen sachlichen Grund gebe, Arbeitnehmern nach Vollendung des 40. Lebensjahres den vollen Abfindungsbetrag und jüngeren Arbeitnehmern nur eine gekürzte Abfindung zu gewähren. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien nicht signifikant unterschiedlich.
Das Bundesarbeitsgericht sah für die Klägerin ebenso wie die Vorinstanzen keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der gezahlten und der ungekürzten Abfindung.
Durch die im Sozialplan gebildeten Altersstufen werden jüngere Arbeitnehmer zwar anders behandelt als ältere. Diese Ungleichbehandlung ist aber gem. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt. Denn hiernach dürfen Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Bemessung der Abfindungshöhe in einem Sozialplan Altersstufen bilden, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben eine Anschlussbeschäftigung zu finden als jüngere.
Die konkrete Ausgestaltung der Altersstufen im Sozialplan unterliegt nach § 10 Satz 2 AGG einer Verhältnismäßigkeitsprüfung: Sie muss geeignet und erforderlich sein, das von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel tatsächlich zu fördern und darf die Interessen der benachteiligten Altersgruppen nicht unangemessen vernachlässigen. Das ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar.
Die Betriebsparteien durften im Streitfall davon ausgehen, dass die Arbeitsmarktchancen der über 40jährigen Mitarbeiter typischerweise schlechter sind als die der 30 bis 39jährigen. Die vereinbarten Abschläge für jüngere Arbeitnehmer sind auch nicht unangemessen.
Ihr Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Christian Franke